Reparaturverfahren sind grundsätzlich Instandsetzungsverfahren zur Sanierung punktueller
Einzelschäden (Wiederherstellung des Sollzustands).
Mit steigender Anzahl an Einzelschäden innerhalb eines Kanals wird der Einsatz von
Reparaturtechniken zunehmend unwirtschaftlich. Mit zunehmender Anzahl von Einzelschäden
bietet sich bei geeigneten Bedingungen der Einsatz von Renovierungsverfahren an.
Reparaturverfahren werden einerseits zur punktuellen oder teilstrecken-/flächenförmigen
Sanierung an der Rohrwand und andererseits zur Anschlusssanierung verwendet. Die Technikanwendung
unterscheidet sich bei den meisten Verfahrenstechniken hinsichtlich des Einsatzortes
(Rohrwand/Anschluss) und/oder nach begehbaren und nicht begehbaren Objekten.
Ein Teil der Reparaturverfahren kommen auch zur Anschluss- und Schachtanbindung in
Verbindung mit Renovierungsverfahren zum Einsatz.
In den ZTVen der DWA-M 144er-Reihe sind sowohl die Sanierungsarbeiten zur Rohr- wie
auch zur Anschlusssanierung aufgenommen.
Die Reparaturverfahren der Innensanierung unterscheiden sich hinsichtlich des Ortes
des Entfaltens ihrer Wirkung:
Hinter der Bauteilwandung/in bauteilnaher Bodenzone: z.B. Injektions- und Flutungsverfahren
In der Bauteilwandung: z.B. Spachtel-/Verpressverfahren, Elastomer-Kompressionsdichtung
Auf der Bauteilwandung, z.B. Vor Ort härtende Bauteile, Innenmanschetten
Bei den Reparaturverfahren der Innensanierung gelangen, in Abhängigkeit von der Einzeltechnik,
unterschiedliche Sanierungsmaterialien zum Einsatz. Dies führt dazu, dass der Technikeinsatz
auf die Verbindungsmöglichkeiten des Sanierungsmaterials mit dem Material des Bestands
abgestimmt sein muss. Der Art des möglichen Materialverbunds kommt hinsichtlich der
Langlebigkeit von Reparaturverfahren unter den individuellen örtlichen Bedingungen
eine große Bedeutung zu. Hierbei kann in Anlehnung an [DIN 8593]-Reihe vereinfachend unterschieden werden zwischen:
Fügen durch Kleben (Adhäsion) hohe Anforderungen an zu verbindende Werkstoffe/-kombination und Klebeflächenvorbereitung
(z.B. Spachtel-/Verpressverfahren mit EP-Harz, PUR-Harz oder vor Ort härtende Materialien
mit Kurzliner, Handlaminat, Hutprofil, T-Stück)
Fügen durch Schweißen nur bei gleichartigen Materialien möglich (z.B. PEHD, PP)
Fügen durch Anpressen/Verspannen (Kraftschluss) z.B. Edelstahlmanschette mit EPDM-Dichtung, Elastomer-Kompressionsdichtung
Fügen durch Umformen (Formschluss) z.B. Injektionsverfahren, Flutungsverfahren
Reparatur durch Injektion
Bei den Injektionsverfahren [DWA-M 143-8] wird grundsätzlich zwischen Verfahren mit stabilisierender (dauerhafte Wirkung) und
ohne stabilisierende (zumeist nur temporäre) Wirkung unterschieden.
Injektionsverfahren ohne stabilisierende Wirkung (Materialeinsatz: Gel) werden nur
zur temporären Vorabdichtung bei Grundwasserinfiltration eingesetzt. Die eigentliche
Sanierung erfolgt im Nachgang mit einem eigenständigen Reparaturverfahren. Gel-Verfahren
werden daher nicht weiter erläutert.
Zur Sanierung größerer Einzelschäden mit Wandausbrüchen und sichtbaren Hohlräumen
bzw. bei Grundwasserinfiltration eignen sich im Wesentlichen Injektionsverfahren (Materialeinsatz:
Harz). Dies gilt auch zur Sanierung von Anschlüssen (Materialeinsatz: Isocyanatharze
oder Mörtelsysteme). Mit Hilfe dieser Injektionsverfahren werden Hohlräume (umgebendes
Erdreich) und fehlende Teile innerhalb der Rohrwand ersetzt. Die Rohrwand wird stabilisiert
und abgedichtet und so ein weiteres Nachbrechen loser Teile verhindert. Die Sanierung
erfolgt von außen (Bettungsbereich) nach innen (Rohrwand). Die Sanierungsergebnisse
wirken optisch rustikal, sind aber von hoher Beständigkeit.
Das umgebende Erdreich (Bettungszone) muss hierbei über einen gewissen Porenraum verfügen,
um die Injektionsmaterialien aufnehmen und die Bodenbestandteile umschließen zu können.
In Fällen eindringenden Grundwassers und insbesondere bei nichtbindigen Böden in der
Rohrleitungszone kann hiervon regelmäßig ausgegangen werden.
Injektionsverfahren zeichnen sich neben dem Ort der Wirkung (im Wesentlichen außerhalb
der Bauteilwandung) auch dadurch aus, dass das Injektionsgut kontinuierlich und mengenmäßig
beliebig applizierbar ist und vollständig vorvermischt das Injektionsgerät verlässt.
Ein Vorfräsen der Riss-/Fugenkontaktflächen in der Rohrwand ist für den Anwendungsfall
Rohrsanierung normalerweise nicht erforderlich.
Die Injektionsverfahren sind ideal zur Sanierung gegen eindringendes Grundwasser und
bei flächenhaften Strukturschäden (ohne radial deutlich verschobene Wandungsteile)
einsetzbar. Eine Kontrolle der Injektionswege und des Verfüllens ggf. bestehender
Hohlräume im Bauteilumfeld ist kaum oder nur bedingt möglich.
Hinweis: Vorhandene Rissverläufe und Bruchkanten am Rohrumfang und im Anschlussbereich
bleiben dauerhaft sichtbar. Durchgeführte Reinigungen im Betriebsverlauf führen regelmäßig
zu einem unkritischen Auswaschen des Harzes in den Rissflanken. Die ursprünglichen
Strukturschäden bleiben somit weiterhin sichtbar und können bei späteren Inspektionen
wiederholt als Schadensfeststellungen kodiert und bewertet werden, ohne dass die Wirkung
der Sanierung aufgehoben wäre (z.B. Dichtheit weiterhin gegeben, keine erneute Grundwasserinfiltration
sichtbar). Bei Einsatz dieser Sanierungstechnik ist eine Sanierungsdokumentation nach
Abschluss der Arbeiten von besonderer Bedeutung (Anhang A-6.1.9). Nur in Kenntnis der Sanierungshistorie können unnötige Arbeiten zu einem späteren
Zeitpunkt vermieden werden.
Reparatur mit vor Ort härtenden Bauteilen, z. B. Kurzliner, Hutprofil, T-Stück
Vor Ort härtende Bauteile ermöglichen eine punktuelle Sanierung von Rohrverbindungen,
Rissen, Anschlüssen (im Wesentlichen Formteilanschlüsse) und fehlenden Wandungsteilen
durch Überkleben der Schadstellen [DWA-A 143-7]. Eine nicht ausreichende mechanische Klebeflächenvorbereitung und Verklebung führt
regelmäßig zum Ablösen der Materialien. In diesem Fall wird die Sanierungsleistung
in ihrer Wirkung nutzlos und es kann potenziell zu schweren betrieblichen Störungen
kommen.
Vor Ort härtende Bauteile führen durch den Auftrag auf der Rohrinnenfläche zu einer
geringfügigen Querschnittsverringerung (ca. dreifache Laminatdicke). Bei Installation
von in Reihe gesetzter Kurzliner ist auch eine Längsüberlappung erforderlich, welche
die Querschnittsverringerung verdoppelt. Dies kann insbesondere bei kleinen Rohrnennweiten
(z.B. DN 150 bis DN 250) die Einsetzbarkeit von Gerätetechnik erschweren oder verhindern.
Reparatur im Spachtel- oder Verpressverfahren
Mit Hilfe der Spachtel-/Verpressverfahren [DWA-M 143-16] (in nicht begehbaren Profilen zumeist als Robotertechnik bezeichnet) kann eine Sanierung
von Undichtigkeiten, Brüchen und Fehlstellen innerhalb der Rohrwand durchgeführt werden.
Es handelt sich dabei um ein Standardverfahren, welches sehr zuverlässig und flexibel
eingesetzt werden kann. Die Sanierungsergebnisse sind beständig und widerstandsfähig
gegenüber betrieblichen Einflüssen. Die Sanierungsoberflächen schließen i. d. R. wandbündig
mit der Rohrinnenseite ab.
Spachtel- und Verpresstechniken unterscheiden sich in der Arbeitsweise und der Materialkonsistenz.
Bei Einsatz einer Verpresstechnik (insbesondere bei PUR-Harz) kann Sanierungswerkstoff
auch hinter die Rohrwand in den Bodenbereich gepresst werden. Die Wirkung der Sanierung
wird gegenüber der Injektionstechnik indessen innerhalb der Rohrwand erzielt. Aus
diesem Grund müssen bei Einsatz dieser Technikfamilie die Klebeflächen in jedem Fall
vorgefräst und Raum für das Material geschaffen werden.
Bei Einsatz von Spachteltechniken kommt es regelmäßig zum Auftrag von Sanierungsmaterial
seitlich der Fräsnut/Fehlstelle auf die Rohrwand. Damit die fachgerechte und vollständige
Verspachtelung der Fräsnut/Fehlstelle im Zuge der Abnahme und deren weitergehenden
Wirkung in späteren Jahren sicher beurteilt werden kann, sollte die Leistungsposition
ein Nachschleifen der Materialübergänge (Abtrag des Überschussharzes von der Rohroberfläche
seitlich der verspachtelten Fräsnut/Fehlstelle) vorsehen.
Reparatur mit Innenmanschetten
Im Gegensatz zu vor Ort härtenden Materialien kann beim Einsatz von Innenmanschetten
[DWA-M 143-5] auf Kunstharz verzichtet werden. Innenmanschetten sind insbesondere auch in Trinkwassergewinnungsgebieten
einsetzbar. Zudem ist auch der Einsatz bei drückendem Grundwasser möglich. Innenmanschetten
(nicht begehbare Profile) bestehen aus einer Edelstahl-Hülse mit EPDM-Flächendichteelement.
Das außen liegende elastische EPDM-Flächendichtelement mit zusätzlichen Kompressionsdichtprofilen
im Anfangs-/Endbereich wird durch die Aufweitung der Edelstahl-Hülse bei der Installation
als Kompressionsdichtung gegen die Rohrinnenfläche mechanisch verspannt. Bei Auswinkelungen
und Versätzen müssen hierauf eingestellte Hülsen-Varianten verwendet werden (z.B.
in spezieller Edelstahl-Flex-Ausführung).
Innenmanschetten können in modifizierter Konstruktion zum wasserdichten Abschluss
von Liner-Systemen gegenüber dem (punktuell unbeschädigten) Altrohr (Schachtanbindung)
verwendet werden. In diesem Anwendungsfall werden die Innenmanschetten als Liner-Endmanschetten
bezeichnet (siehe A-6.3).
Wie vor Ort härtende Materialien führen auch Innenmanschetten zu einer geringfügigen
Querschnittsverringerung.
Reparatur durch Abdichtung mittels Flutungsverfahren
Das Flutungsverfahren [DWA-M 143-20] kann grundsätzlich den Injektionsverfahren zugeordnet werden. Es unterscheidet sich
allerdings in der Anwendbarkeit, Applikation und Nutzungsdauererwartung von diesen
deutlich.
In Abhängigkeit von Nennweite, Schadensbild, Schadensumfang und örtlichen Gegebenheiten
kann das Flutungsverfahren nur in relativ engen Grenzen erfolgreich eingesetzt werden.
Liegt zum Zeitpunkt der Sanierung eindringendes Grundwasser vor, ist eine Anwendung
nicht möglich.
Der Einsatz erfolgt i. d. R. in nur einseitig zugänglichen und verzweigten Grundleitungsnetzen
(z. B. Grundleitungen unterhalb von Gebäuden oder Bodenplatten) mit oft vorliegenden
Netzverzweigungen ohne Zugänglichkeit von oben.
In Wasserschutzgebieten kann eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich sein. Bei
Flutungsverfahren werden die beiden Einzelkomponenten unvermischt und zeitlich nacheinander
appliziert.
Reparatur mit anderen Reparaturverfahren
Neben den Innensanierungsverfahren können auch punktuelle Erneuerungen zur Reparatur
lokaler Schadensstellen in offener Bauweise eingesetzt werden, z. B. die Partielle
Erneuerung [DIN EN 1610] in Verbindung mit [DWA-A 139].