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Sie sind hier: Startseite BFR Abwasser  > Anhänge  > A-5 Niederschlagswasser­bewirtschaftung > A-5.7 Dezentrale Versickerungsanlagen > A-5.7.3 Verfahrensvorgabe
A-5.7.3 Verfahrensvorgabe
Für die Planung und die Umsetzung ist folgende Verfahrensvorgabe zu beachten:
1.
Das Potenzial der Niederschlagswasserversickerung in den Liegenschaften wird durch eine Ersteinschätzung bewertet (A-5.7.3.1).
2.
Bei der Planung von Bau- und Sanierungsmaßnahmen sind die Möglichkeiten der Niederschlagswasserversickerung durch eine Konzeptentwicklung zu konkretisieren (A-5.7.3.2).
3.
Das entwickelte Konzept ist einer Verträglichkeitsuntersuchung nach [DWA-M 153] zu unterziehen (A-5.7.3.3).
Im Rahmen des Planungsprozesses von Niederschlagswasser­behandlungsanlagen ist der Betreiber frühzeitig mit Hinblick auf die damit verbundenen betrieblichen Aufgaben einzubinden.
A-5.7.3.1 Ersteinschätzung
Die Planungstiefe der Grundlagenermittlung nach Anhang A-5.7.2 richtet sich nach der Zielsetzung von beabsichtigten Untersuchungen oder erforderlichen Planungsphasen. Nachfolgende Hinweise gelten für die Ersteinschätzung, die Konzeptentwicklung und die Verträglichkeitsuntersuchung gemäß der Verfahrensvorgabe (Tab. A-5 - 5).
Innerhalb der Ersteinschätzung sind anhand der spezifischen Gegebenheiten in der Liegenschaft grundsätzliche Aussagen zu den Umsetzungsmöglichkeiten und den Grenzen der Niederschlagswasserversickerung herzuleiten.
Tab. A-5 - 5 Kriterien zur Ersteinschätzung
Kriterium
Anforderung / Quelle
erforderliche Aussagen im Rahmen der Ersteinschätzung
Aufgabe, Veranlassung
Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushalts, hydraulische Sanierung, Einsparung von Regenwassergebühren
z.B. Erfordernis von
- Regenwasserbehandlung
- Neubaumaßnahme
- Sanierungsmaßnahme
Hydraulische Leitfähigkeit
Abschätzung anhand von Bodenansprache ist i.d.R. für die Ersteinschätzung ausreichend; Bodenkarten; Baugrunduntersuchungen
Anforderungen an erforderliche Versickerungsanlage
- ohne Speicherung
- mit Speicherung
- mit Speicherung und Ableitung
Grundwasserstände
maximale/mittlere Flurabstände; Ortskenntnisse, Planunterlagen
Hinweise auf kritische Bereiche
Wasserschutzzonen
Dokumentation; Wasser- und Umweltbehörden
Räumliche Zuordnung
Sonstige Schutzgebiete
Dokumentation, Wasser- und Umweltbehörden
Ausschluss oder Berücksichtigung
Vorflut
Dokumentation, Lageplan
ggf. Einleitungsmöglichkeit; Leistungsfähigkeit
Altlasten
Dokumentation, Nutzungen
Ausgrenzung für Versickerung
Topographie
Höhenplan, Grundkarte
Kritische Bereiche feststellen
Gebietsnutzung
Typisierung der Herkunftsflächen gem. Lageplan
Freiflächenverfügbarkeit; Abkopplungspotenzial
Erlaubnis
Prüfung länderspezifischer Regelungen zur Erlaubnisfreiheit der Versickerung, sonst Abstimmung mit Abwasserbeseitigungspflichtigen und ggf. Untere Wasserbehörde.
Genehmigungspraxis und besondere Anforderungen an Versickerungsanlagen
(Art, Berechnungsmethoden)
Der Ablauf zur Prüfung der Anwendungsgrenzen der Niederschlagswasserversickerung ist in Abb. A-5 - 5 dargestellt.
 
Abb. A-5 - 5 Ablaufdiagramm zur Prüfung der Anwendungsgrenzen der Niederschlagswasserversickerung
A-5.7.3.2 Konzeptentwicklung
Die Konzeptentwicklung für die dezentrale Versickerung ist Bestandteil der Vorplanung im Sinne des Liegenschaftsbezogenen Abwasserentsorgungskonzepts (LAK Teil B) nach Kapitel 3.1. Für die Konzeptentwicklung ist somit auf die Erkenntnisse der baulichen und hydraulischen Zustandserfassung und -bewertung im LAK Teil A aufzubauen. Eine weitergehende Datenerfassung ist i. d. R. nicht oder nur dann erforderlich, wenn auf Grundlage der bekannten Voraussetzungen und Randbedingungen noch keine klare Aussage zum Konzept getroffen werden kann und die Datenbasis zu verbessern ist, z.B. erforderliche Angabe zur Durchlässigkeit (kf-Wert), die auf Grundlage der Kenntnis der Bodenart nicht ausreichend verlässlich ist.
Auf der Grundlage der vorhandenen Informationen ist das Versickerungskonzept zu entwickeln. Im Gegensatz zur Ersteinschätzung ist eine Lösung der Aufgabe zu entwickeln und deren Machbarkeit nachzuweisen. Dies bedeutet, dass die qualitativen und quantitativen Voraussetzungen für die Niederschlagswasserbehandlung erfüllt und das entwickelte Konzept umsetzbar sein muss. Für eine Konzeptentwicklung kann es entscheidend sein, nach welchen Bemessungsansätzen die konzipierten Maßnahmen zu dimensionieren sind. Vor diesem Hintergrund sind auch hydrologisch-hydraulische Aspekte frühzeitig mit den Planungsbeteiligten, insbesondere den Aufsichtsbehörden, abzustimmen.
Sofern im Konzept eine dezentrale Versickerung nicht möglich ist und dezentrale Behandlungssysteme nach Anhang A-5.8 in Betracht gezogen werden, ist die Wirtschaftlichkeit dieser Systeme unter Berücksichtigung der Betriebskosten im Vergleich zur konventionellen Ableitung nachzuweisen.
Innerhalb der Kostenschätzung im LAK Teil B ist das entwickelte Entwässerungs- und Behandlungskonzept zu berücksichtigen.
A-5.7.3.3 Verträglichkeitsuntersuchung
Die Verträglichkeitsuntersuchung folgt den Grundsätzen des [DWA-M 153] „Handlungsempfehlung zum Umgang mit Regenwasser“. In Abhängigkeit der Verschmutzung und Menge des Niederschlagswassers je nach Nutzung und Belag der Herkunftsfläche definiert das [DWA-M 153] in Abhängigkeit des Schutzbedürfnisses des Grundwassers und der oberirdischen Gewässer Empfehlungen zur gegebenenfalls erforderlichen Niederschlagswasserbehandlung vor einer Versickerung oder vor einer Einleitung in oberirdische Gewässer.
Die nachfolgenden Tabellen und Festlegungen innerhalb des Untersuchungsschemas nach [DWA-M 153] für die Handlungsempfehlungen sind für die spezifischen Gegebenheiten auf Bundeswehrliegenschaften angepasst worden.
Das Untersuchungsschema stellt den Emissionswert E eines Entwässerungsgebietes einer zugrunde gelegten Gewässerbelastbarkeit G (gem. [DWA-M 153]: Gewässerpunktezahl G) gegenüber:
Emissionswert E Gewässerbelastbarkeit G
Der Emissionswert von abflussliefernden Flächen ergibt sich aus der Verschmutzung des Abflusses (Abflussbelastung B) und dem verbleibenden Anteil der Verschmutzung nach einer Niederschlagswasserbehandlung (Durchgangswert D):
Emissionswert E = Abflussbelastung B × Durchgangswert D
Die Abflussbelastung berücksichtigt die unterschiedliche Herkunft der zu versickernden Abflüsse und wichtet die Verschmutzung über die Flächenanteile fi:
B = Σ fi (Li + Fi)
Für die Gewässerbelastbarkeit G, die Durchgangswerte bei Versickerungsanlagen D, die Einflüsse aus der Luft L und die Flächenbelastung F sind den nachfolgenden Tabellen Bewertungspunkte zu entnehmen.
 
Tab. A-5 - 6 Gewässerbelastbarkeit
Gewässerbelastbarkeit G
Punkte
Grundwasser außerhalb von Trinkwassergewinnungsgebieten
10
Karstgebiete ohne Verbindung zu Trinkwassergewinnungsgebieten
8
Wasserschutzzone III B
81
Wasserschutzzone III A
5
Wasserschutzzone II oder Karstgebiete
3
Wasserschutzzone I
0
bewachsener Oberboden dieser Mächtigkeit ist ohne unzulässig hohe Sandbeimischungen für die hydraulische Belastung nicht ausreichend durchlässig
 
Tab. A-5 - 7 Belastung aus der Luft
Einfluss aus der Luft
Punkte
Abgelegenes Depot
1
Liegenschaften im ländlichen Bereich
2
Liegenschaften im städtischen Bereich, im Nahbereich von Gewerbe- und Industriegebieten mit Abluft- und Staubemission
4
Liegenschaften im Nahbereich von Gewerbe und Industrie mit besonders starken Emissionen
8
 
Tab. A-5 - 8 Flächenbelastung
Flächenbelastung F
Punkte
Gründächer
5
Dachflächen (außer metallgedeckte Dächer)
8
Rad- und Gehwege
12
Hofflächen, Exerzier- und Antreteplätze ohne starke Verschmutzung
12
Parkplätze im Unterkunftsbereich
19
Parkplätze und Verkehrsflächen für Kleinfahrzeuge im techn. Bereich
27
Hofflächen, Exerzier- und Antreteplätze mit erhöhter Verschmutzung
27
Metallgedeckte Dächer (zink-, kupfer-, bleihaltig)
35
Lkw- und Panzerstellplätze
45
Lkw- und Panzerzufahrten im technischen Bereich
45
Lagerplätze im Werkstattbereich;
nicht überdachte Waschplätze für Fahrzeuge;
nicht überdachte Tankstellen
45
 
Tab. A-5 - 9 Durchgangswerte
Durchgangswerte D
Flächenbelastung Au : As
Eigenschaften der Versickerungsanlagen
a
b
c
d
Versickerung durch 30 cm bewachsenen Boden
 
 
 
 
Versickerung durch 20 cm bewachsenen Boden
 
 
 
 
Versickerung durch 10 cm bewachsenen Boden
0,45
0,60
0,80
 
Bodenpassage unter Mulden, Rigolen, Schächten o.ä. durch flächenhaft durchgehende Deckschichten von mindestens
- 3 m Mächtigkeit bei einer Durchlässigkeit kf von 10-4 bis 10-6 m/s (Feinsand, schluffiger Sand, sandiger Schluff)
- 5 m Mächtigkeit bei einer Durchlässigkeit kf von 10-3 bis 10-4 m/s (sandiger Kies, Grobsand, Mittelsand)

0,35

0,45

0,60

0,80
Flächenversickerung über durchlässige Beläge auf einem mindestens 30 cm dicken frostsicheren Oberbau wie z.B.
- Pflaster mit nicht bewachsenen, durchlässigen Fugen
- poröse Deckbeläge (z.B. Dränbetonsteine
- mit Brechsand gefüllte Gittersteine oder -waben

0,80

1,00
Flächenversickerung ohne Berücksichtigung weiterer Bodenpassagen durch
- geringere Deckschichten als oben genannt
- Rigolen, Versickerungsschächte, Schotterpackungen o.ä.

1,00
Erläuterungen zur Flächenbelastung Au : As
(Verhältnis der angeschlossenen undurchlässigen Flächen Au zur Sickerfläche As)
a: 5
in der Regel breitflächige Versickerung
b: > 5 bis 15
in der Regel dezentrale Flächen- und Muldenversickerung
c: > 15 bis 50
in der Regel zentrale Mulden- und Beckenversickerung
d: > 50
in der Regel dezentrale und zentrale Schachtversickerung
Beispiel: Verträglichkeitsuntersuchung für die Versickerung
Im Zuge des Neubaus einer Kantine sollen die Niederschlagsabflüsse versickert werden. Anhand der durchgeführten Ersteinschätzung und Konzeptentwicklung ist eine dezentrale Muldenversickerung vorgesehen und möglich (Annahme: Au : As < 15). Die Mulde wird mit einer 20 cm starken bewachsenen Oberbodenauflage hergestellt. Bei den angeschlossenen Flächen handelt es sich um 300 m² Dachfläche (Ziegeleindeckung), einen Fußwegbereich von 150 m² und eine Pkw-Stellfläche von ebenfalls 150 m², insgesamt 600 m². Die Liegenschaft befindet sich in ländlicher Umgebung außerhalb einer Wasserschutzzone.
Punkteermittlung auf Grundlage der Tabelle 5 6 bis Tabelle 5 9:
Gewässerbelastbarkeit
 
G = 10
Einfluss aus der Luft
 
L = 2
Flächenbelastung
Dach
F = 8
Gehweg
F = 12
Parkplatz
F = 19
Durchgangswert (für Au : As < 15
 
D = 0,35
Berechnung:
Abflussbelastung B = Σ fi (Li + Fi)
Dach
300/600 × (2 + 8)
= 5
 
Gehweg
Parkplatz
150/600 × (2 + 12)
= 3,5
 
150/600 × (2 + 19) =
= 5,25
B = 13,75
Emissionswert E = B × D E = 13,75 × 0,35 = 4,81
Mit E = 4,81 < G = 10 ist die Verträglichkeit der konzipierten Lösung mit den Anforderungen an den Gewässerschutz nachgewiesen.
Unter den gegebenen Umständen würde auch dann noch eine ausreichende Verträglichkeit gegeben sein, wenn die Oberbodenauflage in der Mulde nur eine Dicke von 10 cm (statt 20 cm) aufweist (D = 0,6; E = 13,75 × 0,6 = 8,25 < G = 10).
Allerdings sollten die Abflüsse vom Parkplatz separat in einer Mulde versickert werden. Hierfür wäre eine 10 cm starke bewachsene Oberbodenauflage nicht mehr ausreichend:
(B = 2 + 19 = 21; D = 0,6; E = 21 × 0,6 = 12,6 > G = 10).